Komplikationen in der Anästhesie

Inhaltsverzeichnis
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Komplikationen in der Anästhesie

Allgemeine Probleme

Singultus

Vorkommen

  • zentrale Ursachen

    • z. B. Infektionen

  • periphere Ursachen

    • z. B. beim Legen einer Magensonde

perioperatives Auftreten

  • Überblähung des Magens

  • bei und nach intraabdominellen Eingriffen

  • Magenblutungen oder Füllung des Magens mit Blut

  • nach Tracheotomien

    • postoperative Nachblutung

  • bei der Einleitung durch Manipulation im Halsbereich

    • z. B. ZVK-Anlage

  • verdrängende Prozesse im Mediastinum

    • Tumore

    • Hämatome

  • Aspirationsgefahr

  • durch Lagerung

Prophylaxe

  • legen einer Magensonde bei allen intraabdominellen Eingriffen

  • absaugen der Magensonde

  • bei Maskenbeatmung keine Beatmungsdrücke höher als 20 mmHG erzeugen

  • während der Exzitationsphase keine Manipulationen im Kopf- und Halsbereich

Therapie

  • meist keine Therapie erforderlich

  • intraoperativ

    • Vertiefung der Narkose

  • ggf. medikamentös

postoperatives Zittern

Vorkommen

  • recht häufig

  • bei ausgekühlten Patienten

    • häufiges auftreten nach Inhalationsnarkosen

  • beginnendes Alkoholentzugsdelir

  • beginnende Bakteriämie

  • nach Opiatantagonisierung

Prophylaxe

  • Patienten vor Wärmeverlust schützen

  • Narkoseausleitung möglichst nur bei normothermen Patienten

  • ausreichende postoperative Schmerztherapie

    • bei Ultiva rechtzeitig an die Analgosedierung denken

  • evtl. PDK zusätzlich und rechtzeitig auffüllen

  • Kinder durchgehend mit Wärmedecken versorgen

  • Operationssaal höher temperieren

  • bei Patienten mit KHK möglichst Nachbeatmung und spätere Extubation

  • bei allen Risikopatienten auf eine Opiatantagonisierung verzichten

  • balancierte Anästhesie bevorzugen

  • Neugeborene und Kleinkindern fehlt die Möglichkeit der Wärmeproduktion durch Kältezittern

Therapie

  • medikamentös

    • Dolantin

    • Clonidin

    • Piritramid

    • O2-Gabe

  • äußere Wärmezufuhr

Wichtig

  • durch das postoperative Zittern steigt der endogene O2-Verbrauch auf bis zu 300 % an

Hypo-/Hyperthermie

Hypothermie

  • meist treten die größten Wärmeverluste schon vor OP-Beginn ein

Vorkommen

  • lange OP-Zeiten und feuchte Abdecktücher

  • Laparotomien

  • Verbrennungen

  • extrakorporale Zirkulation

  • endokrine Funktionsstörungen

    • z. B. Hyperthyreose

  • besonders bei Kindern

  • Wärmeverlust durch das Tragen der OP-Kleidung (Patientenhemd)

  • die Hypothermie senkt den Stoffwechsel und erhöht die Ischämietoleranz

  • Hypothermie kann auch mal gewollt sein

Symptome

  • periphere Zyanose

  • Vasokonstriktion

  • bradykarde Herzrhythmusstörungen

  • herabgesetzter Narkosebedarf

  • erhöhte Flimmerbereitschaft des Herzens

  • Kältediurese

Prophylaxe

  • Patienten schon vor Narkoseeinleitung mit warmen Tüchern oder ähnlichem bedecken

  • OP-Tische mit Wärmematten ausrüsten

  • OP-Saal richtig temperieren

    • bei Neugeborenen 26 – 28° C

  • angewärmte Infusionslösung verwenden

Wichtig

  • besondere Vorsicht von Wärmeverlusten bei kardialen Risikopatienten

  • bei Nachweis von positiven Kälteautoantikörpern

  • bei bekannter Schwangerschaft im ersten Trimenon

  • Narkose erst beenden wenn der Patient normotherm ist, um einen erhöhten O2-Verbrauch und eine metabolische Azidose bei Wiedererwärmung zu vermeiden

Hyperthermie

Vorkommen

  • Wärmestau durch luftdichte Abdeckungen

    • z. B. durch Kunststofffolie als Operationsabdeckung

    • Temperaturüberwachung ist sinnvoll

  • Bakterämie

  • Sepsis

  • anaphylaktische Reaktionen

  • zentrale Regulationsstörungen

    • z. B. bei Mittelhirn-Tumor

  • maligne Hyperthermie

Symptomatik

  • schwitzen

  • Tachykardie

  • Flüssigkeits- und Elektrolytverluste

  • Flush

  • Atropin führt besonders bei Kindern zu einer erhöhten Wärmeretention

    • keine Prämedikation mit Atropin

Therapie

  • kausale Therapie anstreben

  • physikalische Maßnahmen

  • Antipyretika

    • ASS

    • Paracetamol

    • Metamizol

  • Ausgleich von Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten

Hypo-/Hypertension

Hypotension

Definition

  • niedriger Blutdruck

Ursachen

  • absolute oder relative Hypovolämie

    • häufigste perioperative Ursache

    • z. B. Blutungen

    • Dehydration

  • Blutdruckabfall durch Vasodilatation

  • kardiale Ursachen

    • Perikardtamponade

    • Pneumothorax

  • evtl. Narkoseüberhang

Wichtig

  • bei postoperativer Hypotonie können auch eine Hypoxie oder ein Narkoseüberhang ursächlich sein

  • bei Patienten mit bestehenden Vorerkrankungen hypotensive Phasen unbedingt vermeiden

Prophylaxe

  • vor Einleitung Volumensituation des Patienten beurteilen

  • bei Risikopatienten Monitoring erweitern

  • bei Risikopatienten weitgehend auf negativ inotrop wirkende Medikamente verzichten

  • lange Wartezeiten vermeiden

  • niedrige Beatmungsdrücke anstreben

  • bei Risikopatienten an die Anlage von ZVK und Arterie denken

Therapie

  • falls möglich offensichtliche Ursache der Hypotonie beheben

  • akut

    • Kopftieflage

    • Narkose reduzieren

    • Volumengabe

    • O2-Konzentration erhöhen

  • medikamentös

    • Akrinor

    • Aterenol

Hypertension

  • perioperative hypertensive Krisen können zur Entwicklung schwerer Erkrankungen führen

  • Patienten mit nicht eingestelltem arteriellen Hypertonus, für einen Wahleingriff, sind präoperativ zu therapieren

  • präoperative Ursachen

    • bekannte Hypertonie

    • EPH-Gestose

    • Hyperthyreose

    • Phäochromozytom

    • Hirndruck

    • Aortenistmusstenose

  • perioperative Ursachen

    • abklemmen der Aorta

    • Hyperkapnie

    • Hypoxie

    • volle Harnblase

    • Lokalanästhetika mit Adrenalin

    • Opiatantagonisierung

    • Muskelrelaxansüberhang

    • Überdosierung von Katecholaminen oder Vasopressoren

    • Ketamingabe

Therapie

  • kausale Therapie

  • ausreichende postoperative Schmerztherapie

  • antihypertensive Medikation

Narkosekomplikationen

Zahnschäden

Vorkommen

  • Intubationsnarkosen durch Hebeln mit dem Laryngoskop

  • Schädigungen durch

    • Maske

    • Finger des Anästhesisten

    • Biß des Patienten auf Tubus oder Guedel

  • vorgeschädigte Zähne

    • vorstehende obere Schneidezähne

    • sowie Zähne bei Patienten mit erschwertem Intubationsbedingungen

  • Häufigkeit

    • ca. 1 : 1 000 – 1 800

  • am häufigsten betroffen sind die oberen Schneidezähne

Arten der Verletzungen

  • Extraktionen

  • Subluxationen

  • Luxationen

  • Schmelzfrakturen

  • Zahnwurzelfrakturen

  • Zahnkronenfrakturen

  • Schäden an Prothesen

Prophylaxen

  • ausreichender Abstand zwischen oberer Zahnreihe und Laryngoskop

    • nicht hebeln

  • bei vorgeschädigten Zähnen Zahnschutz verwenden

Vorgehen bei Zahnschädigungen

  • sofortiges asservieren der abgebrochenen Zähne/Zahnteile

  • Schutz vor Aspiration

  • schnellstmöglich kieferchirurgisches bzw. zahnärztliches Konsil

  • Aufklärung des Patienten nach der Narkose

Tipps

  • im Prämedikationsgespräch möglichst ausführlichen Zahnstatus erheben und über Zahnschäden als Komplikation aufklären

anaphylaktische Reaktionen

Ätiologie

  • Freisetzung von Histamin und anderen Mediatoren durch z. B.

    • Blutbestandteile

    • Medikamente

    • Kontrastmittel

    • Knochenzement (Pallacost)

    • aber auch durch anästhesiologische und chirurgische Maßnahmen

  • bei allen unklaren Kreislaufproblemen innerhalb einer Narkose an anaphylaktische Reaktionen denken

  • praktisch alle Medikamente und Substanzen können anaphylaktische Reaktionen auslösen

    • ihren Einsatz kritisch abwägen

Klinik

  • entsprechend dem Schweregrad

    • I.) Hauterscheinungen

    • Juckreiz

    • Rhinitis

    • II.)beginnende Herz-Kreislaufstörungen

    • III.)Bronchospasmus

    • Larynxödem

    • zunehmende Herzkreislaufstörung bis zum Schock

    • IV.)Herz-Kreislauf- und Atemstillstand

  • Cave

    • die Schweregrade werden nicht immer einzeln durchlaufen

    • fulminanten Verläufe sind von Beginn an möglich

Therapie

  • Allergenzufuhr stoppen

  • Therapie dem Schweregrad anpassen

  • großlumige Zugänge

  • Volumenzufuhr

    • Kolloide können selbst allergen wirken

  • H1– und H2-Rezeptorantagonisten verabreichen

  • Adrenalin

  • Glukokortikoide hochdosiert

    • Cave

      • Wirkung erst verzögert

  • bei Kindern an postoperativen Pseudo-Krupp denken

    • daher an Glukokortikoide denken

Prophylaxe

  • gute Anamnese

  • bei bekanntem Asthma oder Allergien ggf. Medikamente präoperativ geben

Laryngo-/Bronchospasmus

Laryngospasmus

  • reflexartiger akuter Verschluss des Kehlkopfes infolge von Irritationen der Atemwege

    • z. B. Tröpfchen laufen runter in den Rachen

Ätiologie

  • Irritationsstimuli bei zu flachen Narkosestadium während Inhalationsnarkosen

    • Intubation

    • Extubation

    • einsetzen von Guedel

    • Magensonde

  • schmerzhafte periphere und vagale Stimuli

    • Peritoneumreizung

  • besonders gefährdet sind Kinder

Klinik

  • bei partiellem Verschluss

    • Stridor

    • diaphragmale Atmung

  • bei totalem Verschluss

    • paradoxe Atembewegung

    • keine Beatmung mehr möglich

  • Zyanose

  • Tachykardie

  • später Bradykardie

  • Arrhythmie infolge der Hypoxie

  • Hyperkapnie

  • Herz-Kreislaufstillstand

Therapie

  • Ruhe bewahren

  • 100 % Sauerstoff über die Maske

    • Esmarch-Handgriff

  • Beseitigung auslösender Stimuli

  • schmerzhafte Stimuli meiden

  • Vertiefung der Narkose durch kurzwirksames i.v. Anästhetikum

  • vorsichtige Beatmungsversuche

    • durch anhaltend positiven Beatmungsdruck versuchen den Spasmus zu durchbrechen

  • ggf. Muskelrelaxation

    • Cave

      • bei bereits bestehender Hyperkapnie, Hypoxie und Bradykardie kann es durch Succinylcholin zum Herzstillstand kommen

  • ist kein Muskelrelaxans verfügbar

    • als Ultima ratio Nottracheotomie

Bronchospasmus

  • akute reflektorische Verengung der Bronchien

Ätiologie

  • prädisponierte Patienten

  • anaphylaktische Reaktion

  • zusätzlich identische Ursachen wie beim Laryngospasmus

  • es kann sowohl vor, während und lange nach Narkosen kommen

  • kann bei Kindern ab und an auch durch die Gabe von Propofol ausgelöst werden

Klinik

  • exspiratorische Giemen

  • bei spontan atmenden Patienten

    • Tachypnoe

    • Dyspnoe

    • Zyanose

    • Bewusstseinseintrübung

  • beim beatmeten Patienten ansteigende Beatmungsdrücke

  • anhaltender Bronchospasmus führt bis zum Herz-Kreislaufstillstand

wichtig

  • immer ausschließen

    • Verlegung der Atemwege oder des Tubus

    • Laryngospasmus bei zu flacher Narkose

    • Spannungspneumothorax

    • Fehler im Beatmungssystem

      • z. B. defekte Ventile

      • abgeknickte Schläuche

Therapie

  • 100 % Sauerstoff über Tubus

  • maschinelle Beatmung ausstellen

    • Patient manuell assistiert bzw. kontrolliert beatmen

  • Vertiefung der Narkose durch volatiles Inhalationsanästhetikum

  • hochdosierte bronchodilatatorische Therapie

  • zusätzlich

    • i.v. Medikament

    • Kurzinfusion

  • Glukokortikoide

  • Sekretolyse

  • bei Anaphylaxie Adrenalin

  • bei prädisponierten Patienten gute Prävention

Aspiration

  • gefährdet sind Patienten mit vollem Magen

    • die Berechnung wann der Patient nüchtern ist verlängert sich durch Schmerz und Schock

    • die Magenentleerung ist durch das Trauma verlängert

  • nach Unfall und Schock

  • bei Obstruktion im Magen-Darm-Trakt

  • gastrointestinalen Blutungen

  • Intoxikationen

  • Aspiration ist die häufigste Todesursache bei Schwangeren

Ätiologie

  • möglich bei verminderten oder aufgehobenen Schutzreflexen durch aktives erbrechen oder passives Regurgieren

  • Magensaftaspiration

  • Mendelson-Syndrom

    • akutes toxisches Lungenödem

    • Bronchospasmus

  • Aspiration von festem Material

    • je nach Größe Verlegung von Atemwegen

      • Atelektasen

      • Bronchospasmus

Klinik

  • klinisch oft stumm

  • Zyanose

    • feuchte und trockene Rasselgeräusche

  • vermindertes oder aufgehobenes Atemgeräusch

  • Hypoxie

    • später metabolische Azidose

Akuttherapie

  • Operateur informieren

    • ggf. OP verschieben

  • Kopf-Tieflage

  • freimachen der Atemwege

    • Absaugung unter laryngoskopischer Sicht

  • endotracheale Intubation und endotracheales absaugen

  • gezieltes absaugen mittels Bronchoskopie

  • kontrollierte Beatmung

  • BGA

    • erweitertes Monitoring

  • bei festsitzendem Material

    • Spülung

  • evtl. Bronchodilatatoren und Kortikoide

  • auf Kreislaufreaktionen achten

  • postoperativ Patienten auf Intensivstation

  • Antibiotikagabe

  • Diagnostik nach Akuttherapie

    • Röntgen-Thorax

    • Bronchoskopie

Pneumothorax

Vorkommen im Zusammenhang mit

  • ZVK-Anlage

  • supraklavikuläre Plexus-Blockade

  • externe Herzdruckmassage

  • mechanische Beatmung

    • Emphysematiker

  • Lungenentzündungen

  • chronische Lungenerkrankungen

  • Thoraxtrauma

  • thoraxchirurgische Eingriffe mit Eröffnung oder Verletzung der Pleura oder Verletzungen des Zwerchfells

  • traumatische Laryngoskopie

  • Akupunktur

  • Neonaten

    • gehäuftes Auftreten eines Spontanpneus

Symptome

  • wacher Patient

    • Tachykardie

    • Unruhe

    • Brustschmerz

    • Husten

    • Luftnot

    • Tachypnoe

    • Zyanose

    • leises oder aufgehobenes Atemgeräusch

      • exspiratorisches Giemen

    • asymetrische Atembewegung

  • beatmeter Patient

    • häufig schwierig zu diagnostizieren

    • Tachykardie

    • Mediastinalverlagerung mit Verlagerung der großen Gefäße und Kompression des Herzens

    • Anstieg des Beatmungsdrucks

    • Hypoxie

    • Zyanose

    • ZVD-Anstieg

    • evtl. Entstehung Hautemphysem

    • abnehmendes Atemgeräusch

      • Giemen

Diagnostik

  • Pulsoximetrie

  • EKG

  • Röntgen Thorax

  • BGA

Therapie

  • bei Symptomen oder Nachbeatmung muss durch eine Thoraxdrainage entlastet werden

  • bei kleinem Mantelpneu Bettruhe

  • intraoperativ hohe Beatmungsdrücke vermeiden

  • Spannungspneu sofort entlasten

Hohe/Totale Spinalanästhesie

  • lebensbedrohliche Narkosekomplikation einer rückenmarksnahen Anästhesie mit aufsteigender Blockade der Interkostal- und Zwerchfellmuskulatur

Symptome

  • Übelkeit und erbrechen

  • Blutdruckabfall

  • zunehmende Lähmung der Finger

    • Patienten können Arme nicht mehr heben

  • Bradykardie

  • Dyspnoe mit vermehrtem Einsatz der Atemhilfsmuskulatur

  • bei totaler

    • Gähnen

    • Sprachstörungen

    • Apnoe

    • Bewusstlosigkeit

    • Koma

    • Asystolie

Faktoren, die dazu führen können

  • zu hohe Dosis

  • Umlagerung während der Fixationszeit

  • zu hohe Injektionsgeschwindigkeit

  • häufige Barotage

    • spritzen und aspirieren im Wechsel beim Vorschieben bzw. Kontrolle der Lage

  • unbemerkte Duraperforation mit Nadel oder Katheter

Vorsichtsmaßnahmen

  • Aspiration vor Verabreichung des Lokalanästhetikums

  • Gabe einer Testdosis bei Periduralanästhesie

  • bei fraglicher Duraperforation aspirierte Flüssigkeit mit Glukostix testen

  • Dosisreduktion bei erhöhtem intraabdominellem Druck

Therapie

  • Volumensubstitution

  • Vasopressoren

  • Atropin

    • ggf. vorsichtige Gabe von Adrenalin

  • Sauerstoffbeatmung

  • Intubation

  • Linksseitenlage in der Geburtshilfe

  • Reanimation

Zentral-anticholinergisches-Syndrom (ZAS)

  • hervorgerufen durch relativen oder absoluten Acetylcholinmangel in den zentralen Synapsen

Vorkommen

  • nach der Prämedikation

  • in der Aufwachphase nach Allgemeinanästhesie

  • bei Lokal- bzw. Regionalanästhesie

  • im Rahmen der Intensivtherapie

  • bei Vergiftungen mit anticholinergen Stoffen

auslösenden Substanzen

  • Belladonnalalkaloide

    • Atropin

  • Inhalationsanästhetika

  • Hypnotika

  • Opiate

  • Lokalanästhetika

  • Benzodiazepine

  • Neuroleptika

  • trizyklische Antidepressiva

  • Antiparkinsonmittel

  • H1-/H2-Rezeptorenblocker

  • einige giftige Pflanzen

Klinik

  • Symptome sehr vielfältig

  • 2 Verlaufsformen

    • ruhige Form mit Schläfrigkeit bis zum Koma

    • erregte Form mit Unruhezuständen und Agitiertheit

  • zentrale Symptome

    • Bewusstseinsstörungen

    • verzögertes Erwachen aus der narkose

    • Somnolenz bis Koma

    • Verwirrtheit

    • Unruhe

    • Angst

    • Desorientiertheit

    • Amnesie

    • Hyperaktivität

    • Krämpfe

    • Atemdepression

  • periphere Symptome

    • Mydrasis

    • Tachykardie

    • Arrhythmie

    • rote trockene Haut

    • Hyperthermie

    • verminderte Schleim-, Schweiß- und Speichelsekretion

Diagnose

  • zuerst Ausschluss von

    • Narkotika-/Relaxansüberhang

    • Hypoxie

    • Hyperkapnie

    • sowie Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes

  • mindestens 1 zentrales und 2 periphere Symptome

Therapie

  • 0,04 mg/kgKG Anticholium

    • zentral wirksamer Cholinesterasehemmer

    • sehr langsam i.v. oder i.m. titrieren

  • rascher Wirkungseintritt

    • wenn nach 20 Minuten keine Wirkung

      • Ausschluss eines ZAS

  • erneute Gabe erst nach 20 Minuten

    • klingt nach 30 – 60 Minuten ab

    • erneut Symptome möglich

  • strenge Überwachung der Vitalfunktionen während der Applikation und danach

weitere Komplikationen

  • maligne Hyperthermie

  • Luftembolie

  • Perikardtamponade

  • bei allen Zwischenfällen und Komplikationen ist eine lückenlose Dokumentation von größter Bedeutung

  • eine unzureichende Dokumentation kann im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu einer „Beweislastumkehr“ und damit zu erheblichen Nachteilen für den Beklagten führen

schwierige Intubation/Ileus-Einleitung

  • Blitzintubation bei Aspirationsgefahr

    • so schnell wie möglich, eh der Patient aspiriert

    • schnellstmöglicher Anschlag der Medikamente

    • bestmögliche Intubationsbedingungen

  • Sicherung der Atemwege bei technisch schwieriger Intubation

    • so schnell wie möglich wieder spontanatmend

    • schnellstmögliches Abklingen der Medikamentenwirkung

    • sofortige sichere Antagonisierung

    • möglichst erhaltene Spontanatmung und rasche Rückkehr der Schutzreflexe

RSI (Rapid Sequenz Induction)

Definition

  • die RSI (Blitzeinleitung) oder Ileus Einleitung ist eine anästhesiologische Einleitungsmethode zum Schutz vor Regurgitation und Aspiration während der Narkoseeinleitung

Anwendung

  • die RSI ist bei allen Patienten indiziert, die nicht nüchtern sind und für die ein erhöhtes Aspirationsrisiko besteht

  • dazu gehören

    • Schwangere

    • Notfall-Patienten mit Trauma

  • sowie Patienten mit

    • akutem Abdomen

    • Ileus

    • Blutungen im oberen Magen-Darm-Trakt

    • Hirnnervenläsionen

      • aufgehobene Schutzreflexe

    • Adipositas

    • chronischem nahrungsunabhängigem Reflux

    • Zwerchfellhochstand

    • (Nach-) Blutungen im Nasen-Rachen-Raum

Ablauf

  • Oberkörperhochlagerung 30°

    • = Anti-Trendelenburg-Lagerung

  • Oberkörpertieflagerung

    • = Trendelenburg-Lagerung

  • Absaugbereitschaft mit großlumigen Absaugkathetern

  • ggf. Anlage einer Magensonde

    • nach Absaugung wieder entfernen

    • nicht bei gastrointestinalen Blutungen

  • suffiziente Präoxygenierung über gut schließende Maske

  • keine Maskenbeatmung

  • zügige Injektion eines Opioids, eines Hypnotikums und eines schnellwirksamen Muskelrelaxans

  • ggf. Präkurarisierung

    • Druckanstieg im Magen durch Muskelfaszikulationen verringern

  • kleiner Tubus mit Führungsstab und aufgesetzter Blockerspritze

  • mit Ausprägung der Relaxation wird der Tubus mit Führungsstab in der Luftröhre platziert und der Cuff sofort sicher geblockt

  • auf den Krikoiddruck (Sellick-Handgriff) verzichten wegen nicht nachgewiesener Wirksamkeit viele Anästhesisten

  • zudem erschwert er oft das Vorschieben des Tubus

Risiken

  • Aspiration mit Lungenschädigung

    • Pneumonie

    • ARDS

  • Fehlintubation

  • Hypoxie

  • erhöhtes Risiko für Zahnschäden

  • Hypotension

  • Ösophagusruptur

Medikamente

  • für die RSI werden Medikamente bevorzugt, die einen schnellen Wirkungseintritt aufweisen

    • Opioide

      • Fentanyl und Rapifen Mittel der Wahl

        • Leitsatz

          • Sufenta, Fenta, Rapifen, kann ich alles nehm

    • Hypnotika

      • Thiopental

        • Trapanal

          • Patienten schlafen schon während der Injektion ein

      • oder Propofol

      • Etomidate und Benzodiazepine sind ungeeignet

    • Relaxantien

      • Succinylcholin

      • Rocuronium

  • danach Sicherung der Atemwege

Extubation

  • erbrechen kommt nach der Extubation genau so häufig vor, wie bei der Narkoseeinleitung

  • dicke Magensonde einlegen und Magen entleeren

  • Pharynx absaugen

  • Kopftieflage oder Seitenlage

  • Extubation erst wenn der Patient wach und ansprechbar ist

  • Absaugung, Laryngoskop und Ersatztuben müssen griffbereit sein

  • auch hier auf Sicherung der Atemwege achten

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