Narkoseverfahren

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Narkoseverfahren

Verfahren

  • Allgemeinanästhesie

  • Regionalanästhesie

  • Kombination aus beidem

  • In der Anästhesie werden verschiedene Verfahren angewendet

  1. Allgemeinanästhesie

  2. Regionalanästhesie

    • Hier geht es jetzt um die Allgemeinanästhesie

    • Eine Allgemeinanästhesie besteht aus folgenden Komponenten:

      • Bewusstlosigkeit

        • Hypnose

      • Schmerzlosigkeit

        • Analgesie

      • Reflexdämmung

      • Muskelerschlaffung

        • Relaxierung

              1. muss nicht immer ausgeprägt sein

    • früher wurde der Zustand der Anästhesie durch Gabe nur einer einzigen Substanz (z. B. Äther) herbeigeführt

    • heutzutage hat sich die Sichtweise stark geändert und mit ihr auch für die Narkose verwendeten Substanzen

    • die moderne Narkose ist eine Kombinationsnarkose

    • bis zur Operationsfähigkeit durchläuft ein Patient mehrere Stadien in der Einleitung, die durch den Anästhesiepionier Guedel folgendermaßen festgelegt wurden

1. Analgesiestadium

  • schlafähnlicher Zustand

  • Schmerzempfinden ist herabgesetzt

  • das Bewusstsein bleibt erhalten

  • kleine Eingriffe (z. B. Inzisionen) sind möglich

2. Exzitationsstadium

  • Unruhe (Hyperaktivität)

  • unregelmäßige Atmung

  • erbrechen

  • ein wichtiges Kriterium ist unter anderem die allgemeine Reflexsteigerung

    • die z. B. zum Glottiskrampf führen kann

  • das Bewusstsein ist in diesem Stadium ausgeschaltet

3. Toleranzstadium

  • in diesem Stadium sind Operationen möglich

  • die Reflexe sind weitgehend erloschen

  • vegetative Funktionen (Atmung, Kreislauf) werden aufrecht erhalten

  • Muskelspannungen lassen zunehmend nach

    • Relaxation

4. Paralyse/Asphyxie

  • die vegetativen Zentren stellen ihre Funktion ein

  • Atmung und Kreislauf erlöschen – nahe liegender Weise führt dieses Stadium mit zunehmender Tiefe ohne rasche Intervention in wenigen Minuten zum Tode

  • begreiflicherweise bereiten die Stadien 2 und 4 den Ärzten Sorge

  • während zur Minimierung des Exzitationsstadiums Anästhetika gefunden werden mussten, die möglichst rasch über dieses Stadium hinweg führen, bzw. es gar nicht erst dazu kommen lassen, spielen bei der Vermeidung des letalen Paralysestadiums vor allem das Problem der Steuerbarkeit von Anästhetika ein große Rolle

Folgende Anforderungen werden an ein Anästhetikum hinsichtlich der Steuerbarkeit gestellt:

  1. die Wirkung muss sich entsprechend der Dosis ändern lassen – angestrebt ist eine möglichst lineare Dosis – Wirkungskuve

  2. die Wirkungsänderung muss sich innerhalb kurzer Zeit erreichen lassen

Allerdings sieht man heute, durch die modernen Anästhesieverfahren diese Stadien nur noch sehr selten

Sie lassen sich noch bei Kindern, die mit der Maske und Inhalationsanästhetika eingeleitet werden beobachten

Inhalationsanästhesie

  • als Maskennarkose mit Gesichtsmaske

    • Wichtig

      • alle Möglichkeiten einer Intubationsnarkose müssen sichergestellt sein

  • Indikation

    • kurze Narkosezeiten

      • z. B. auch für ambulante Eingriffe, da postoperativ nicht mit den Reboundphänomen zu rechnen ist

  • Kontraindikationen

    • Ileus

    • nicht nüchterne Patienten

    • Eingriffe die auf Grund von Lagerungen oder OP-Gebiete nicht in Frage kommen

      • Kopf

      • Halsbereich

      • Bauchlage

    • Schwangere im fortgeschrittenem Stadium

      • da die grundsätzlich als nicht nüchtern gelten

    • Patienten mit kurzem dicken Hals

      • wegen vorhersehbarer Beatmungsprobleme

    • vollem runden Gesicht

      • wegen vorhersehbarer Beatmungsprobleme

    • Vollbart

      • wegen vorhersehbarer Beatmungsprobleme

Narkoseeinleitung

  • Einleitung im Operationssaal

  • ruhige Atmosphäre

  • Präoxigenierung mit 100 % Sauerstoff

  • Atropin bei Bedarf

  • Einleitungshypnotikum

    • z. B. Trapanal oder Propofol

  • ggf. kurzwirkendes Opiat

    • z. B. Rapifen

  • bei ausreichender Narkosetiefe Maskenbeatmung mit 100 % Sauerstoff

    • max. Beatmungsdruck 15 cm H2O

      • = Ösophagusverschlußdruck

  • erst bei sicherer Beatmung mit Sauerstoff einstellen der Narkosegase

  • ggf. Lachgas

  • Isofluran, Sevofluran stufenweise Erhöhung der inspiratorischen Konzentration bis zur gewünschten Einleitungskonzentration

  • Beachte

    • die inspiratorische Sauerstoffkonzentration sollte 30 % nicht unterschreiten

    • bei Einsatz einer Gesichtsmaske grundsätzlich nur manuelle Beatmung

  • Operationsbeginn erst bei ausreichender Narkosetiefe

Narkoseführung

  • setzt beim Patienten die Spontanatmung intraoperativ wieder ein, muss diese immer durch eine assistierte Beatmung unterstützt werden

  • Konzentration des volatilen Anästhetikas dem Operationsverlauf anpassen

Narkoseausleitung

  • nach abstellen der Gase soll der Patient einige Minuten 100 % Sauerstoff atmen

    • damit eine Diffusion vermieden wird

  • Übergabe an den Aufwachraum oder die Station, wenn der Patient ohne Hilfsmittel unter Raumluft suffizient atmet, ansprechbar ist und die Schutzreflexe intakt sind

Maskennarkose mit Kehlkopfmaske LM

  • diese spezielle, von A. I. J. Brain entwickelte Maske findet seit 1988 zunehmend Verbreitung

  • das Spektrum der Indikationen wurde im Lauf der letzten Jahre immer weiter gefasst

  • wichtig zu wissen ist beim Einsatz dieser vor dem Kehlkopf platzierten Maske, dass sie keinen so sicheren Aspirationsschutz wie ein Endotrachealtubus bietet

  • Vorteile

    • keine Verlegung der Atemwege durch den Zungengrund

    • Möglichkeit der maschinellen Beatmung

    • Bartträger stellen kein Problem dar

    • Maske halten entfällt

    • kann bei schwierigen Intubationen hilfreich sein

    • Bronchoskopie durch die Maske ist möglich

    • keine ösophageale Fehllage möglich

  • Nachteile

    • kein Schutz vor Aspiration

    • Aufbereitung aufwendiger oder Einmalmasken

    • Druckschäden im Rachenbereich möglich

    • Fehllage im Rachen

Intubationsnarkose

balancierte Anästhesie

  • Indikationen

    • die balancierte Anästhesie ist ein Standardverfahren und wird bei langen und mittellangen chirurgischen Eingriffen am Erwachsenen eingesetzt

    • weiterhin wird diese Anästhesieform bei kardialen Risikopatienten (Patienten mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems) empfohlen

  • Kontraindikationen

    • erhöhter intrakranieller Druck

    • Druckerhöhung innerhalb des Schädels (unter bestimmten Umständen können bei kompensiertem Hirndruck volatile Anästhetika eingesetzt werden)

    • Neigung zu maligner Hyperthermie

      • die maligne Hyperthermie ist eine lebensgefährliche Stoffwechselentgleisung, die durch eine genetisch bedingte Fehlregulation innerhalb der Skelettmuskulatur verursacht wird

      • neben zahlreichen Symptomen tritt eine starke Erhöhung der Körpertemperatur auf

  • Kombination aus Hypnotika, Opiate und Benzodiazepine zur Narkoseeinleitung

  • die Narkoseweiterführung erfolgt inhalativ

    • z. B. Propofol, Fentanyl, Midazolam, Atracurium, Sevofluran

    • dadurch kommt nur eine Intubationsnarkose in Frage

  • diese Anästhesieform gewährleistet eine hohe kardiovaskuläre Stabilität

  • ist auch als RSI (Rapid Sequence Induction) möglich

Narkoseeinleitung

  • Präoxygenierung für 2 – 3 Minuten mit 100 % Sauerstoff

  • Verabreichung von

    • Sufentanil

    • Midazolam

    • Opiat

    • Hypnotikum

    • PONV-Prophylaxe

      • danach das Hypnotikum

  • es erfolgt eine Zwischenbeatmung

  • erst dann wird das Muskelrelaxans verabreicht

  • nach Wirkeintritt des Muskelrelaxans wird intubiert

  • man beachte folgenden Leitsatz

    • Can not ventilate, can not intubate

  • wenn möglich Low-Flow führen

Narkoseführung

  • Einstellung der Beatmung individuell für den Patienten

  • Inhalationsanästhetika zufügen

  • FiO2 wenn möglich reduzieren

  • Opiate und Muskelrelaxanzien verabreichen (ggf.)

Narkoseausleitung

  • Reduzierung des Inhalationsanästhetikum 5 – 15 Minuten vor OP-Ende

  • evtl. Überhänge (z. B. Opiate oder Muskelrelaxans) ausschließen

    • ggf. Antagonisierung

  • Extubation nur unter suffizienter Spontanatmung und vorhandenen Schutzreflexen

  • Patient sollte auf Ansprache reagieren

Probleme bei der Narkoseausleitung

  • Opiatüberhang

  • Relaxansüberhang

  • Verlegung der Atemwege

    • Zurückfallen des Zungengrundes

    • Aspiration

    • Laryngospasmus

    • Bronchospasmus

    • Fremdkörper wie Rachentamponade

  • Therapie

    • Esmarch-Handgriff

    • absaugen

    • Fremdkörper entfernen

    • Wendel-Tubus

    • O2 Gabe

    • ggf. Reintubation

TIVA

  • wie es der Name schon ausdrückt, kommen bei der TIVA ausschließlich intravenös applizierte Anästhetika zum Einsatz

  • es kommen keine Inhalationsanästhetika zur Anwendung

  • Indikationen

    • Anästhesist und Operateur teilen sich einen Atemwegszugang

      • z. B. Tracheotomie

      • HNO-Eingriffe

      • Zahneingriffe

      • die dann auch noch mit Larynxmaske durchgeführt werden

    • Patient mit bekannter maligner Hyperthermie

    • Patient mit bekannter PONV-Anamnese

      • PONV

        • = perioperative Nausea and Vomeding

    • Patient mit erhöhtem Hirndruck

  • Narkoseführung

    • Medikament der Wahl ist alleinig das Propofol zur Einleitung und zur Aufrechterhaltung der Narkose

    • es kommt auch ein Opiat und ggf. ein Muskelrelaxans zum Einsatz

    • als Opiat kommt häufig Remifentanil (Ultiva) zum Einsatz

    • TIVA kann auch als Intubationsnarkose, RSI oder Larynxmaskennarkose durchgeführt werden

    • auf Inhalationsanästhetika wird komplett verzichtet

    • beatmet werden die Patienten mit einem Luft/Sauerstoffgemisch

    • es ist auf die Halbwertzeiten der Medikamente zu achten

  • die Abgrenzung der TIVA zur kontinuierlichen Sedierung – etwa in der Intensivmedizin – ist fließend

  • bei der Sedierung ist der Patient weniger tief narkotisiert

    • vgl. Richmond Agitation Sedation Scale

      • es werden oft auch länger wirksame Stoffe wie Sufentanil und Midazolam eingesetzt

        • im engeren Sinne ist diese Form der Anästhesie allerdings keine TIVA mehr

  • bedingt durch die sehr kurze Wirkdauer der Medikamente ist die Anästhesie sehr gut steuerbar und die Erholungsphase infolge der geringen Kumulationseffekte auch nach längerer Narkosedauer vergleichsweise sehr kurz

  • nach langer Infusion kann die Aufwachdauer allerdings etwas verlängert sein

  • dies ist bedingt durch die kontextsensitive Halbwertzeit der Wirkstoffe

Fast-Track-Anästhesie

  • Fast-Track bedeutet wörtlich übersetzt „schnelles Überholen“

  • in der Medizin beschreibt es fachübergreifende Konzepte

    • in deren Ergebnis die Patienten schneller rehabilitiert und früher als bisher nach Hause entlassen werden können

    • dies gelingt, indem Vorerkrankungen des Patienten wie Herzschwäche oder Atemwegserkrankungen bereits vor der Operation optimal behandelt werden

  • während der Narkose (Allgemeinanästhesie) verwendet der Anästhesist gut steuerbare Anästhesie-Medikamente, verhindert ein Auskühlen des Patienten und beginnt bereits während der Narkose mit der Schmerztherapie für die Behandlungsphase nach der Operation

    • z. B. mit Schmerzkathetern

  • dadurch können Komplikationen des Eingriffs verringert und der Patient kann schneller mobilisiert werden

  • Fast-Track-Verfahren wurden erst möglich durch neue, schonendere Operationsmethoden, wie die minimalinvasive Chirurgie

  • Fast-Track stammt ursprünglich aus dem Bereich der Darmchirurgie

  • dennoch kann dieses Konzept auch in der Unfallchirurgie und plastischen Chirurgie erfolgreich angewendet werden

    • vor allem bei planbaren Operationen

  • Vorteile

    • schnellere Verlegung der Patienten

    • Kostensenkung

      • da die Verweildauer der Patienten sinkt

      • insgesamt erwartet man bei diesem Verfahren einen komplikationsloseren postoperativen Verlauf

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