Palliativmedizin

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Palliativmedizin

  • ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebensdauer

  • eine Besserung von körperlichen Krankheitsbeschwerden wird ebenso angestrebt wie die von psychischen, sozialen und spirituellen Problemen

  • Hauptziel ist die Verbesserung der Lebensqualität für Patienten und Angehörige

Palliativpatienten

  • sind Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankungen mit begrenzter Lebenserwartung, die an den Symptomen dieser Erkrankung leiden

  • sie benötigen Linderung von körperlichen Symptomen, Respektierung ihrer Integrität und Würde, psychosoziale Unterstützung, sowie Angebote der spirituellen Begleitung bis zum Tod

  • auch die Familien benötigen oft Hilfe

Palliativpflege

  • deutsche Übersetzung für „Palliativ Care“

  • im engeren Sinn bezeichnet Palliativpflege das pflegerische Fachwissen und Vorgehen im Rahmen von Palliativ Care

    • Palliativbetreuung

    • Palliativmedizin

Palliative Therapie

  • unter palliativer Therapie werden Behandlungen verstanden, die das Leben verlängern können und die Lebensqualität verbessern sollen, wenn keine kurative (heilende) Therapie mehr möglich ist

  • in der Onkologie wird hier vor allem der Einsatz tumorspezifischer Behandlungen (Chemotherapie, Strahlentherapie, Hormontherapie, Operation) bei nicht mehr heilbaren Erkrankungen verstanden

Rehabilitationsphase

  • ist die Phase der letzten Monate, selten Jahre, in der für die Patienten, trotz fortschreitender Erkrankung, ein weitgehend normales, aktives Leben angestrebt wird

Terminalphase

  • die Aktivität des Betroffenen ist deutlich eingeschränkt

  • die Symptome wechseln rasch

  • es wird nun eine engmaschige Betreuung von Patient und Angehörigen nötig

  • diese Phase zieht sich über Wochen hin, bevor die Sterbephase beginnt

Sterbephase

  • umfasst die letzten Stunden, selten Tage des Lebens

  • Ziel ist es, einen friedlichen Übergang (z. B. Schmerzfreiheit) zu ermöglichen und die Angehörigen zu begleiten

Leitgedanken der Palliativmedizin

  • Wahrhaftigkeit in der Kommunikation

  • realistische Hoffnung und Respekt vor der Selbstbestimmung des Patienten

  • es gilt die Frage: „Welche Behandlung ist die angemessene für den Patienten?“

  • Verzicht auf belastende, unnütze Therapiemaßnahmen

  • nicht der Schmerz, sondern der Mensch der Schmerzen hat muss behandelt werden

  • der Patient muss bei Fortschreiten der Krankheit Verluste hinnehmen

  • Auseinandersetzung mit zunehmender Reduktion ehemals voller Lebensmöglichkeiten

  • nicht das Sterben, sondern die Qualität der verbleibenden Lebens steht im Mittelpunkt

  • nicht das medizinisch-technische Machbare steht im Vordergrund, sondern das medizinisch-ethisch Vertretbare

  • Hilfe zum Leben und Hoffnung für den Sterbenden

  • Lernen durch Zuhören

  • Niemals: Da ist nichts mehr zu machen, sondern immer: Da ist noch viel, das getan werden kann und getan werden muss

Definition der Palliativmedizin

  • WHO (2009)

    • Palliativmedizin ist der Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind

    • dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung des Leidens mittels frühzeitiger Erkennung und korrekter Beurteilung, sowie der Behandlung von Schmerzen und anderen Beschwerden körperlicher, psychologischer und spiritueller Art

Beschreibung von Lebensqualität

  • ist die subjektive Wahrnehmung einer Person und deren Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertesystemen, in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen

    • WHO 1993

  • Lebensqualität ist die Differenz zwischen dem Soll- und dem Istwert, wobei der Sollwert die Ansprüche des Menschen ausdrückt und der Istwert die Realität

    • ist die Differenz groß, ist die Lebensqualität schlecht

    • ist die Differenz gering, ist die Lebensqualität gut

      • Gerontospezifische Definition 2009

  • Lebensqualität ist ein mussdimensionales Konstrukt, das Wahrnehmungen sowohl positiver als auch negativer Aspekte körperlicher, emotionaler, sozialer und kognitiver Funktionen, sowie die negativen Aspekte körperlichen Unwohlseins und anderer Symptome umfasst, die durch eine Krankheit oder deren Behandlung hervorgerufen werden

    • Pflegewissenschaft Definition 2001

  • die Definition von Lebensqualität ist laut Cella und Tulski

    • die Einschätzung des Patienten in Bezug auf sein aktuelles Funktionieren und die Zufriedenheit mit diesem Zustand im Vergleich zu dem, was er als möglich oder ideal wahrnimmt

      • Pflegewissenschaft 2001

Lebensqualität statt Lebensquantität

  • Diagnostik und Therapie dürfen die verbleibende Lebensqualität nicht verschlechtern

  • Schwerpunkt der medizinischen Betreuung ist die Schmerzlinderung und die Behandlung der anderen auftretenden Symptome

  • Schwerkranke, Sterbende und deren Angehörige werden in der Zeit des Sterbens und der Trauer begleitet

  • das Sterben ist als ein Teil des Lebens anerkannt und ein „gutes“ Leben bis zum Tod wird ermöglicht

  • es herrscht ein offener Umgang mit Tod und Sterben, das heißt: Patient und Angehörige sind über die Diagnose und Prognose informiert

  • lebensverlängernde Maßnahmen werden nicht gewünscht

  • Zeit ist wertvoll geworden, da sie nun begrenzt ist

  • die physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse der Begleitenden werden berücksichtigt

Wünsche, Ziele und das Befinden des Patienten stehen im Vordergrund

  • im Sterben nicht allein gelassen werden

  • an einem vertrauten Ort, begleitet von vertrauten Menschen sterben

  • nicht unter starken körperlichen Beschwerden leiden

  • die letzten Dinge regeln können

  • die Frage nach dem Sinn stellen können

Multiprofessionelles Team im stationären Bereich

  • Patient und Angehörige arbeiten zusammen mit

    • Physiotherapeuten

    • Schmerztherapeuten

    • Onkologen

    • Seelsorge

    • Psychoonkologische Therapeuten

    • Sozialdienste/Pflegeberatung

    • Ehrenamtliche

    • Palliativ Care Pflegekräfte

    • Homecareversorger

    • Palliativmediziner

Ressourcen-Spektrum

  • Pall-Care-Beratung

    • Familie in der Krise wird unterstützt von

      • Palliativ Care Fachkraft mit hoher psychosozialer Kompetenz und guter Ressourcenkenntnis

      • Palliativstation

      • Sozialdienst

      • Pflegedienst

      • Psychologen

      • Seelsorge

      • Beratungsstellen

      • Trauerbegleitung

      • Pflegeheim

      • Hospiz

      • ambulante Hospizdienste/Hospizvereine

Die wichtigsten Symptome in der Palliativmedizin

  • Schmerzen

  • gastorintestinale Symptome

    • Anorexie

    • Kachexie

    • Mundgeruch

    • Mundtrockenheit

    • Mukosis

    • Dysphalgie

    • Übelkeit

    • Erbrechen

    • Obstipation

  • respiratorische Symptome

    • Dyspnoe

    • Husten

    • Hämotoe

      • = Bluthusten

  • urogenitale Symptome

    • Harnwegsinfekt

    • Harnverhalt

    • vaginale Blutungen und Ausfluss

  • dermatologische Symptome

    • Dekubitus

    • Schwitzen

    • Lymphödem

    • exulcerierende Tumore

  • neurologische Symptome

    • Muskelkrämpfe

    • Bewusstseinsstörung

    • Schwindel

  • psychiatrische Symptome

    • Schlafstörungen

    • Unruhe

    • Angst

    • Depression

  • Fatigue

gastrointestinale Beschwerden

  • Anorexie-Kachexie-Syndrom

  • Mundgeruch

  • Mundtrockenheit

  • Übelkeit

  • Erbrechen

  • Obstipation

Anorexie-Kachexie-Syndrom (Appetitverlust, Abmagerung)

  • Ursachen

  • Krankheitsbedingt

    • Schmerzen

    • Mukositis

    • Mundtrockenheit

    • Kau- und Schluckprobleme

    • Übelkeit

    • Erbrechen

    • Ileus

    • Obstipation

    • Diarrhö

    • Tumore in der Mundhöhle

    • Leberinsuffizienz

    • Niereninsuffizienz

    • Herzinsuffizienz

    • Diabetes mellitus

    • respiratorische Insuffizienz

  • Therapiebedingt

    • Chemotherapie

    • Strahlentherapie

    • Medikamente

      • Antibiotika

      • Diuretika

      • beta-Blocker

      • Hormone

      • Zytostatika

  • Psychosozial

    • Nahrungsmittelaversion

      • erlernt nach Chemo

    • Angst zu erbrechen

    • Wunsch zu Sterben

      • = bewusste Nahrungsverweigerung

    • Depression

    • wenig geeignete Nahrungsmittel

  • Cave

    • In der Terminalphase ist Anorexie normal

      • Der Mensch stirbt nicht, weil nicht er isst, der Mensch isst nicht, weil er stirbt

  • Maßnahmen

    • aufklärendes Gespräch über zurückgehenden Kalorienbedarf aufgrund der fortschreitenden Erkrankung

    • Beratung der Angehörigen

    • die Angehörigen auf andere Ziele lenken

      • z. B. Haare waschen

      • passende Kleider aussuchen

      • körperliche Nähe

    • Erlaubnis geben, weniger essen zu dürfen

    • Ernährungsberatung

      • kleine Mahlzeiten

      • weicht

      • feuchte

      • frische und fruchtige Nahrung

    • Lieblingsessen mitbringen lassen

    • in Gesellschaft essen

    • künstliche Ernährung

      • enteral

      • parenteral

    • Medikamentös

      • Appetitsteigerung durch Dexamethason

      • Dronabinol

Mundgeruch

Ursachen

  • in der Mundhöhle

    • Mundtrockenheit

    • Mukosis

    • maligne Ulceration

    • zerfallene Tumore

    • Soor

  • Tumore

  • Ulcerationen

  • Entzündungen im Bereich Nasen/Rachen/Bronchien/Lunge

  • Verdauungstrakt

    • Erbrechen

    • Obstipation

    • Ileus

    • gastrointestinale Blutungen

    • Karzinome

  • schlechte Zahn- und Mundhygiene

  • metabolische Ursachen

    • Urämie

    • Leberinsuffizienz

    • Diabetes

  • nahrungsbedingt

    • Knoblauch

    • Zwiebel

    • Alkohol

    • Nikotin

  • neurologisch-psychiatrisch

    • Geschmacks- oder Geruchsstörungen

    • halluzinatorisches Geruchsempfinden

  • der Mund ist ein zentrales Organ und gehört zu den wahrnehmungsstärksten Zonen unseres Körpers

  • bei der Mundpflege greifen wir in eine Intimzone des Menschen

  • unangenehmer, übel riechender Atem wird objektiv wahrgenommen

  • Mundgeruch ist abstoßend und macht einsam

Maßnahmen

  • regelmäßige Mund- und Zahnpflege mit besonders erfrischenden Substanzen

    • z. B. Pfefferminztee

    • Minze

    • Salbeitee

    • Weißwein

    • Bier

    • Sekt

    • oder Lieblingsgetränk

  • regelmäßige Zahn- und Gebissreinigung

  • Antibiose bei Infektionen

    • Nasen/Rachen/Lunge/Bronchien

  • Gerüche absorbieren

    • z. B. mit Milch

    • Petersilie

  • exulcerierende/zerfallene Tumore

    • Metronidazol (Clont) zur Mundspülung bzw. lokal auftragen

  • Cave

    • Keine Zitronenstäbchen verwenden, da diese Glycerin enthalten und die Mundhöhle austrocknen

Mundtrockenheit

Ursachen

  • Infektionen

  • medikamentös

    • z. B. anticholinergisch wirkende Medikamente

  • Strahlentherapie

  • erschwerte Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit

  • Mundatmung

Maßnahmen

  • Lippenpflege

    • Bepanthen Lippensalbe

    • Lippenpflegestifte

    • Sonnenblumen- und/oder Olivenöl

  • Mundpflege bei zähem Speichel

    • Kochsalzlösung

    • Mundspülung

    • Mineralwasser mit Kohlensäure

    • künstlicher Speichel

  • Mundpflege bei Borken und Belägen

    • Butter

    • Margarine

    • Sahne

    • Öle

    • Mineralwasser mit Kohlensäure

    • Bier

    • Limo

    • säuerliche Tees

    • Honig

    • Salami

    • Würfelzucker

    • gefrorene Obststückchen

    • Brausepulver

    • gefrorene Gummibärchen

Fatique

  • Fatique bei Krebskranken ist ein subjektives Gefühl unüblicher Müdigkeit, das sich auswirkt auf den Körper (physisch), die Gefühle (affektiv) und die mentalen Funktionen (mental), das mehrere Wochen andauert und sich durch Ruhe und Schlaf nur unvollständig oder gar nicht beheben lässt

Symptome

  • physische Manifestationen

    • reduzierte physische Leistungsfähigkeit

    • Schwäche

    • Kraftlosigkeit

    • unübliches vermehrtes Schlafbedürfnis

    • unübliches vermehrtes Müdigkeitsgefühl

    • unübliches vermehrtes Ruhebedürfnis

  • affektive Manifestation

    • Motivationsverlust

    • keine Energie

    • Traurigkeit

    • Angst

    • kein Kampfgeist

  • kognitive Manifestation

    • Konzentrationsstörungen

    • Probleme im Denken

    • einen „müden“ Kopf haben

    • Schlafprobleme

Mögliche Ursachen für Fatique

  • Chemotherapie

    • je nach Art der Chemo – bei bis zu 90 % der Patienten

  • Strahlentherapie

    • bis zu 90 % der Patienten

      • Strahlenkater

  • Immuntherapie (Interferon)

    • Reaktion ähnlich einem grippalen Infekt

  • Depression

    • durch Krankheitsbelastung

    • Aussehen

    • Verlust von körperlichen Symptomen oder Körperteilen

  • Operationen

    • durch Blutverlust

    • Veränderungen im Wasser und Mineralhaushalt

  • Anämie

    • Unterversorgung mit Sauerstoff

      • Kraftlosigkeit

      • Kurzatmigkeit

      • Herzrasen

      • Schwächegefühl in Armen und Beinen

  • Abnahme der Muskelmasse als Folge der Krankheit

    • Patienten reduzieren ihre Aktivität um Anstrengungen (Herzrasen, Kurzatmigkeit) zu vermeiden

  • Schädigungen des Nervensystems

    • durch Zytostatika

      • Patienten spüren ein Brennen und Kribbeln

      • evtl. Lähmungserscheinungen

  • Infektionen

    • als Folge von Therapie und Krankheit

  • Medikamente

    • Müdigkeit und Schläfrigkeit

      • Nebenwirkungen von

        • Schmerzmittel

        • Morphinpräparaten

        • Antiepileptika

        • Cortison

  • Gewichtsabnahme

  • Schlafstörungen

    • zu wenig

    • zu schlecht geschlafen

  • andere Erkrankungen

    • Müdigkeit und Erschöpfung

      • z. B. durch Morbus Parkinson

      • multipler Sklerose

      • Funktionsstörungen der Schilddrüse oder der Nebennierenrinde

      • chronische Schmerzen

      • Erkrankungen der Lungen und des Herzens

  • soziale Faktoren

    • Familienstruktur

    • Erwartungen der Patienten und ihrer Angehörigen

    • Unterstützung von Freunden und Bekannten

    • die Notwendigkeit, die Arbeit, das Studium oder die Ausbildung fortzusetzen

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