Maligne Hyperthermie (MH)

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Maligne Hyperthermie (MH)

  • die maligne Hyperthermie (MH) ist eine lebensbedrohliche Komplikation in der Anästhesie

Definition

  • maligne Hyperthermie ist eine lebensbedrohliche Steigerung des Skelettmuskelstoffwechsels, die durch volatile Inhalationsanästhetika und durch Succinylcholin (depolarisierendes Muskelrelaxans) ausgelöst wird

  • es geht einher mit einem exzessiven Anstieg der Körpertemperatur

  • der genaue Mechanismus ist nicht bekannt

  • es kommt zu einem massiven Anstieg von Kalzium in der Muskelzelle mit Aktivierung der kontraktilen Fasern und des Stoffwechsel

  • sowie einer Steigerung des O2-Verbrauchs

  • Produktion von CO2 und Milchsäure (Laktat)

  • kann zu jedem Zeitpunkt der Narkose und auch noch danach auftreten

Auslöser

  • die Triggersubstanzen sind

    • alle volatilen Anästhetika

    • Succinylcholin

Symptome und klinisches Bild

  • die maligne Hyperthermie kann zu jedem Zeitpunkt der Narkose und auch einige Stunden danach auftreten

  • Frühsymptome

    • erhöhter Muskeltonus bis zur Muskelrigidität

      • in ca. 70 % der Fälle

    • Tachykardie

    • ventrikuläre Arrhythmien

    • Blutdruckschwankungen

    • Hautmarmorierung

    • Flush

    • Hyperkapnie

    • Hyperventilation

    • pO2-Erniedrigung

    • Zyanose

    • Hyperkaliämie

    • respiratorische und metabolische Azidose

  • Spätsymptome

    • Temperaturerhöhung

      • 1 – 2 °C alle 5 Minuten

      • bis 43 °C

    • schwitzen

    • Erwärmung des CO2-Absorbers

    • Myoglobinämie

    • Verbrauchskoagolopathie

    • Anstieg der Kreatinkinase

    • Nierenversagen

Therapie

  • die Zufuhr von Dantrolen i. v. ist die einzige kausale Therapie der malignen Hyperthermie

    • die muss so früh und so schnell wie möglich und in ausreichender Dosierung erfolgen

  • Zufuhr von Triggersubstanzen sofort beenden

  • Operateur informieren

    • ggf. Eingriff so schnell wie möglich beenden

  • Hyperventilation mit 100 % Sauerstoff

    • Atemminutenvolumen verdreifachen

    • Frischgasflow erhöhen

  • sofort Dantrolen 2,5 mg/kg KG i. v. (20 mg in 50 ml Aqua dest) etwa alle 5 Minuten verabreichen

    • bis zum ansprechen der Therapie

  • metabolische Azidose mit Nabi puffern

  • Narkosegerät gegen ein frisches tauschen

  • Oberflächenkühlung

  • antiarrhythmische Therapie

  • Monitoring erweitern

Prophylaxe

  • durch zwei Maßnahmen kann die maligne Hyperthermie vermieden werden

    • Identifizierung von Risikopatienten

    • Vermeidung aller Triggersubstanzen der malignen Hyperthermie bei diesen Patienten

Risikogruppen

  • Patienten bei denen bei früheren Narkosen schon eine maligne Hyperthermie aufgetreten ist

  • Patienten mit Blutsverwandten mit maligner Hyperthermie in der Anamnese

  • bei Muskeldystrophie und anderen Muskelerkrankungen könnte eine gewisse Disposition bestehen

  • central core disease“ (seltene Muskelerkrankung aus der Gruppe der angeborenen Myopathien) und King-Denborough-Syndrom gelten als gesicherte Risikofaktoren

  • zuverlässig kann die Disposition durch den Halothan- und Koffeinkontraktionstest gesichert werden

  • hierzu ist jedoch eine Muskelbiopsie erforderlich

    • der Test wird nur in wenigen Kliniken durchgeführt

  • Patienten mit einer Disposition zur malignen Hyperthermie dürfen auf keinen Fall Succinylcholin und/oder volatile Inhalationsanästhetika erhalten

  • für die Narkose muss ein frisches Narkosegerät mit neuen Schläuchen, frischem Atemkalk und demontiertem Vapor verwendet werden

Dantrolen-Prophylaxe

  • werden bei der Narkose die Trigger der malignen Hyperthermie vermieden, so ist für Routineeingriffe keine Dantrolen-Prophylaxe erforderlich

  • die Zufuhr von Dantrolen gilt nur noch als gerechtfertigt, wenn es sich um besondere „stressreiche“ und längere Eingriffe handelt

  • Dantrolen-Prophylaxe

    • 2,5 mg/kg als Infusion über 30 Minuten vor der Narkoseeinleitung

  • Aufgrund eines Gerichtsentscheids muss Dantrolen in jeder Anästhesieabteilung als Notfallmedikament bevorratet werden und innerhalb kurzer Zeit verfügbar sein

  • die Bevorratung sollte mindestens 36 Flaschen betragen, auch in Anästhesie-Praxen

Prämedikation

  • eine gute Sedierung gilt als wichtig, da Angst und Aufregung an der Entwicklung einer malignen Hyperthermie beteiligt sein können

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