Lungenembolie

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Definition 
Verschluss einer Lungenarterie durch Einschwemmen eines Embolus (= abgelöster Thrombus) in 90 % der Fälle stammt die Embolie aus dem Einzugsbereich der Vena cava inferior TVT der Bein- oder Beckenvenen Embolien aus dem Einflussgebiet der oberen Hohlvene (zentraler Venenkatheter) und dem rechten Herzen (Schrittmacherkabel) sind selten

Herleitung Tiefe Venenthrombose
Merke der fehlende Nachweis einer TVT spricht nicht gegen ein Emboliegeschehen bei bettlägerigen Patienten fehlen oft klinische Zeichen einer TVT nur 25 % der TVT zeigen klinische Symptome vor dem Auftreten einer Lungenembolie

Auslösende Faktoren
morgendliches Aufstehen
Pressorische Akte
Defäkation
Plötzliche körperliche Anstrengung

Pathogenese
Der Thromboembolus führt zur Obstruktion des Pumonalarterienstammes oder seiner Äste mit plötzlichem Anstieg des Lugengefäßwiderstandes (Nachlast) und Abfall des HZV und Hypotonie sowie Erhöhung des funktionellen Totraums (Ventilation ohne Perfusion)
Eine Hypoxämie ist entweder die Folge einer massiven Lungenembolie oder vorausgegangener kleiner Lungenembolien reflektorische Mechanismen und Mediatoren, die aus dem Thrombozyten freigesetzt werden (Thromboxan, Serotonin) bewirken zusätzliche Spasmen der Pulmonalgefäße mit weiterer Steigerung der Nachlast

3 Phasen der Lungenembolie
1. Obstruktion der Pulmonalarterie (Nachlast erhöht) rechtsventrikuläre Druckbelastung (akutes Cor pulmonale)
2. Totraumeffekt arterielle Hypoxämie mit Myokardischämie
3. Vorwärtsversagen (HZV erniedrigt)

Kreislaufschock (Hypotonie, Tachycardie Rechtsventrikuläre Druckbelastung und Myokardischämie können zur Rechtsherzdekompensation führen

Lungeninfarkte (Untergang von Lungengewebe) treten nur bei 10 % der Lungenembolien auf durch eine Ausgleichsversorgung zwischen Bronchial- und Pulmonalarterien führen größere Embolien mit Verlegung mittlerer Pulmonalarterien nicht zu einem Lungeninfarkt
Embolien kleiner Segmentarterien distal der Anastomosen zum Bronchialkreislauf können zu keilförmigen, subpleural gelegenen hämorrhagischen Lungeninfarkten führen, besonders bei vorbestehender Herzinsuffizienz

Lungenatelektasen können sich innerhalb von 24 Stunden durch Reduktion des Surfactantfactors ausbilden

Klinik akut einsetzende Symptomatik 
Dyspnoe
Tachypnoe
Tachykardie
Thoraxschmerzen evtl. infradiaphragmale Schmerzprojektion
Angst
Beklemmungsgefühl
Husten
auskultatorisch Rasselgeräusche
Hämoptysen
Schweißausbruch
Synkope
Schock

Merke: die Mehrzahl der letalen Embolien verläuft in Schüben typisch für rezidivierende Lungenembolien sind
Schwindelanfälle, kurzfristige Synkopen, unklares Fieber und Tachykardie

wichtig: Verdachtsdiagnose stellen und weitere Diagnostik veranlassen

Komplikationen
Pleuritis mit atemsynchronen Thoraxschmerzen
Pleuraerguss Lungeninfarkt mit Hämoptyse
blutiger Auswurf
Infarktpneumonie
Abzessbildung
Rechtsherzversagen
Embolierezidive ohne Antikoagulation
pulmonale Hypertonie und chronisches Cor pulmonale bei rezidivierenden Lungenembolien
chronische thrombembolische pulmonale Hypertonie bei fehlender Auflösung des Embolus und bindegewebiger Obliteration der Pulmonalarterien

Diagnostik
Labor
D-Dimere

D-Dimer-Antigen findet sich bei frischer TVT und bei Lungenembolie als Folge einer körpereigenen Spontanfibrinolyse in folgenden Fällen kann das D-Dimer auch positiv sein, ohne dass eine TVT/LE vorliegt
Traumen Operationen 4 Wochen
Aortendissektion
gerinnungshemmende oder fibrinolytische Therapie
DIC disseminierte
Malignome Sepsis Pneumonie
Erysipel
Schwangerschaft

Weitere Diagnostik
ein negativer D-Dimer-Test schließt eine Lungenembolie mit großer Wahrscheinlichkeit aus
Troponin T/I und BNP als prognostische Parameter negativer Troponin-Test und normaler BNP-Test sprechen für leichten Verlauf einer Lungenembolie und schließen einen schweren Verlauf meist aus, insbesondere, wenn man auch die Echokardiografie keine RV-Dysfunktion zeigt
Blutgase (BGA) begrenzter diagnostischer Stellenwert, weil häufig falsch negatives Ergebnis kardiopulmonale Vorerkrankungen erschweren die LE-Diagnose pO2 und pCO2 ein normales pO2 (80 mm Hg) spricht gegen eine schwere Lungenembolie (Stadium III und IV)
bei schwerer Lungenembolie ab Stadium III lässt sich die Hypoxie auch durch O2-Gabe kaum bessern
EKG nur in 25 % der Fälle typische Veränderungen Vor-EKG und kurzfristige Kontrollen wichtig die Veränderungen sind oft nur flüchtig Sinustachykardie inkompletter Rechtsschenkelblock ST-Anhebung mit terminal negativem T in Ableitung III

DD: Hinterwandinfarkt T-Negativierung P-pulmonale Rhythmusstörungen bes.
Extrasystolen gel. Vorhofflimmern
Echo mit Farbduplex
Ausschluss anderer Erkrankungen linksventrikuläre Pumpfunktionsstörungen
Aortendissektion
Perikarditis
Mitralklappenabriss
die Echountersuchung zur Diagnose der LE ist nicht sehr sensitiv/spezifisch bei Obstruktion 30 % der Lungenstrombahn finden sich Hinweise auf eine rechtsventrikuläre (RV) Dysfunktion sie ist ein wichtiges Kriterium für die weiteren Entscheidungen und Prognose

zusammen gefasste Diagnostik
Labor
D-Dimere
Troponin
BGA O2 erniedrigt pCO2 erniedrigt
EKG Sinustachykardie inkompletter Rechtsschenkelblock P-pulmonale Rhythmusstörungen Extrasystolen gel. Vorhofflimmern ST-Strecken Verlängerung
Echo Druckbelastung rechte Kammer evtl. direkter Thrombusnachweis
Anamnese
körperliche Untersuchung
Angiographie CT-Angio Perfusions-Szinti

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Schweregradeinteilung der Lungenembolie

Schweregrad I
hämodynamisch stabil ohne RV-Dysfunktion PA-Mitteldruck normal

Schweregrad II
hämodynamisch stabil mit RV-Dysfunktion PA-Mitteldruck (mm Hg) meist normal evtl. erniedrigt
Gefäßobliterationen Segmentarterien Letalität 25 %

Schweregrad III
Schock RRsyst. 100
PA-Mitteldruck (mm Hg) 25 30 Pa O2 (mm Hg) 70
Gefäßobliterationen ein PA-Ast oder mehrere Lappenarterien
Letalität 25 %

Schweregrad IV
Reanimationspflicht PA-Mitteldruck (mm Hg) 30 Pa O2 (mm Hg) 60
Gefäßobliterationen ein PA-Ast und mehrere Lappenarterien (PA-Stamm) Letalität 50 %

Risikofaktoren
Bettlägerigkeit
Thrombosegefahr
Adipositas
Krampfadern (Varizen)
Gerinnungsstörungen z. B. Thrombozyten
hohes Lebensalter
Mangel an bestimmten Gerinnungsfaktoren z. B. AT III = Antithrombin III Protein C und S
durch Operationen durch
Diuretika
Herzinsuffizienz
Herzinfarkt
Kreislaufschocks
Schlaganfälle
Malignome

Differentialdiagnose
je nach Symptomatik unterschiedlich bei akut auftretender Luftnot
Lungenödem
Asthmaanfall
Spontanpneumothorax
psychogene Hyperventilation

bei akuten thorakalen Schmerzen
Herzinfarkt
Angina pectoris
Perikarditis
Pleuritis
Aortendissektion
bei schwerer Lungenembolie können auch die Troponine positiv sein

bei akuten Oberbauchschmerzen 
Gallenkolik
Ulcusperforation
Pankreatitis
Hinterwandinfarkt

bei Kollaps/Schock
DD eines unklaren Schocks bei Hämoptoe
Blutung aus Nasen-Rachenraum
Ösophagus
Magen
Bronchialbaum
Lunge

bei jeder im Krankenhaus auftretenden pulmonalen Infiltration stellt sich die DD 
Lungenembolie
Lungeninfarkt
Pneumonie
Herzinfarkt
Tumor
Magengeschwür

Therapie
Notfalltherapie der akuten Lungenembolie
halbsitzende Lagerung und vorsichtiger Transport
Sedierung evtl. Diazepam
Schmerzbekämpfung
O2 Pulsoxymetrie bei respiratorischer Insuffizienz
Intubation
ZVK
Heparin 5 000 10 000 i. E. evtl. Schockbehandlung

spezifische Maßnahmen
a) konservativ Heparin Fibrinolyse RTPA Urokinase Streptokinase

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